ESD-Verpackungen und Kennzeichnung

01.06.2012 07:52
ESD Verpackung außerhalb EPA


Hallo,
ich benötige Ihre Hilfe!

Ich hab nun einiges nachgelesen und komme immer wieder darauf,
dass eigentlich nur Verpackungsmaterial mit der Kennzeichnung "S" wirklich ausreichend ist um Bauteile außerhalb eines EPA zu bewegen.
Verstehe ich das so richtig?
Wenn ja, dann ist die neu eingeführte Verpackung für Platinen nicht ausreichend! (roter Schlauch Klasse D)

 



01.06.2012 07:54
Re: ESD Verpackung außerhalb EPA
Hallo,
da liegen Sie richtig!
Nur die Shielding Verpackung („S“) inkl. Alubeschichtung (deshalb silberfarben) eingebettet in dissipativen Schichten ist für den Einsatz innerhalb und außerhalb einer ESD-Schutzzone geeignet.
Weil die Alubeschichtung wie ein Faradayischer Käfig vor elektrischen Feldern schützt (=Abschirmeigenschaft).
Elektrische Felder verursachen Ladungsverschiebungen und im schlechtesten Fall kommt es zum gefährlichen Potentialausgleich beim Auspacken der Elektronik.

Teilweise kann man auch Conductive-Verpackungen verwenden („C“, schwarz), da diese sehr gut leitfähig sind und dadurch ähnlich wie ein Faradayischer Käfig fungieren.

Absolut ungeeignet für den Einsatz außerhalb von Schutzzonen sind die rein dissipativen Verpackungen („D“, rosa). Das diese keinerlei Schutz gegen E-Felder bieten. Ausnahme: die Anlieferung erfolgt in einer Alubox.

Wichtig: Alle Verpackungen bzw. Lagerbehälter müssen beim Verlassen der Schutzzone verschlossen bzw. abgedeckt sein.

Stellen Sie sich vor, der Faradayische Käfig wäre beim Versuch im deutschen Museum offen.

Normenverweis DIN EN 61340-5-3
Zitat: „Der Transport von sensitiven Produkten außerhalb einer EPA benötigt Verpackungen welche beides sicherstellen:
a) Bei direktem Kontakt ableitfähiges oder leitfähiges Material
b) Eine umhüllende Struktur, welche elektrostatische Abschirmeigenschaften gegen Entladungen sicherstellt“

Schöne Grüsse
vom ESD-Coach



28.09.2012 14:02
Re: ESD Verpackung außerhalb EPA
Hallo zusammen

Kann mir jemand die genaue Definition dieser Begriffe oder Kurzeichen (C, S, D) beschreiben?
Es git ja auch noch L?!
Was ich genau wissen möchte, was bedeutet genau:
a) Conductiv
b) Dissipativ
c) was sind die Unterschiede zu C und D beziehungsweise wieso sind Dissipative-Verpakungen ungeeignet?
d) Ich ging immer davon aus, dass C den besseren Schutz bietet als S da C leitend ist und deswegen auch abschiermt?!

Ich bedanke mich im Voraus für euere Antworten.

Gruss Christian

 



29.09.2012 18:26
Re: ESD Verpackung außerhalb EPA
Hallo Christain,
hier findest du eine Auflistung und einige Infos:
http://www.esd-coach.de/esd-info/esd-verpackung

Als Anmerkung, bei Conductive wird die Leitfähigkeit bei der Herstellung erreicht, indem leitfähige Materialien beigemengt werden, wie z.B. Grafit usw. Deshalb spricht man von Volumenleitfähigkeit, da im gesamten Material die Leitfähigkeit gegeben ist.

Bei Dissipativ und Shielding wird die antistatische (ableitfähige) Schicht nachträglich auf die Oberflächen aufgebracht und kann deshalb nach einer gewissen Zeit nachlassen bzw. die Ableitfähigkeit nachlassen.

Nun zur Anwendung, die Dissipativ sollte man nur in ESD-Schutzzonen (EPA) verwenden, da diese Verpackung zwar Aufladungen ableiten würde, aber nicht vor elektrischen Feldern schützt, die jedoch außerhalb von EPAs unkontrolliert vorkommen können z.B aufgeladene Isolatoren, Maschinen, Transportbänder beim Logistiker usw.

Die Shielding kann man innerhalb und außerhalb von EPAs verwenden, da diese ableitend ist (wie D) UND eine Aluminiumaufdampfung besitzt. Diese Aluschicht liegt zwischen den antistatischen Oberflächen und gibt der Verpackung den Aluschimmer. Diese Schicht wirkt wie ein Käfig (ähnlich Faradeyischer Käfig) und schützt den Inhalt (z.B. unsere bestückte Platine) vor E-Feldern, indem diese um die Platine herum geleitet werden.

Die Gefahr der E-Felder liegt darin, dass dadurch Materialien aufgeladen werden können und es dadurch zu schlagartigen Entladungen kommen kann, wenn man diese auf einem sehr gut leitfähigen Material ablegt (z.B. Platine wird auf einem Gehäuseteil von einer Maschine abgelegt).

Übrigens Conductive kann man auch außerhalb vom EPA tolerieren, wenn diese verschlossen sind (z.B. mit Deckel auf Eurobox), da die gute Leitfähigkeit auch E-Felder ablenkt … aber die Leitfähigkeit und somit die Ablenkung von E-Feldern ist nicht so gut wie bei einer Aluschicht.

Editiert von ESD-Coach - 29.09.2012 18:27

Editiert von ESD-Coach - 29.09.2012 18:30

Editiert von ESD-Coach - 29.09.2012 18:30

Schöne Grüsse
vom ESD-Coach



12.10.2012 11:29
Re: ESD Verpackung außerhalb EPA
Hallo ESD-Coach

Danke für die wirklich ausführliche Antwort.

Ich glaube jetzt hab ich das begriffen. Eine Frage hätte ich da noch.
Was ist den mit dem Zeichen L=Low charging?
Ist das nun das gleiche wie D? Ist D eine neuere Bezeichnung? Wenn nicht, wo bitte ist der Unterschied von L und D?

Danke bereits im Voraus
Christian

 



12.10.2012 17:08
Re: ESD Verpackung außerhalb EPA
Hallo Christian,
ich würde „low charging“ als Unterart von elektrostatisch ableitenden Materialien definieren.
Da der Oberflächenwiderstand üblicherweise bei „L“ eher im oberen Bereich der „D“´s liegt … bei ca. 10E8 bis 10E11 Ohm. Jedoch wird als Parameter kaum der Oberflächenwiderstand genannt sondern man definiert es zur „Minimierung von Ladungen“ und dies könnte man mit einem Charge-Plate überprüfen.
Man sagt auch „antistatisch“ dazu oder früher „Pink Poly“.

Schöne Grüsse
vom ESD-Coach



18.10.2012 11:57
Re: ESD Verpackung außerhalb EPA
Danke sehr für die ausführliche aufklärung.

 

 


25.10.2012 21:50
Re: ESD Verpackung außerhalb EPA
Also da bei mir auch lange dieser Irrglaube herrschte habe ich in den Schulungen immer erwähnt, dass die dissipativen Beutel außerhalb einer EPA nicht mehr als ein besserer Staubschutz sind. Wird ESDS darin verpackt, muss es mindestens zusätzlich in conductiv Behälter verpackt werden. Wo die dissipativen Beutel noch Sinn machen ist bei der Zusammenstellung von Material FÜR die EPA (Schrauben, Kleinteile usw.). Lange wurden bei uns die normalen Plastikbeutel benutzt, die dann in der EPA herum flogen...

Alles Dinge die man erst sieht wenn man selber ESD-Koordinator ist :)

Editiert von D2X - 25.10.2012 21:52

 



08.05.2015 13:39
Re: ESD Verpackung außerhalb EPA
Hallo ESD Coach,
dann reicht zur Anlieferung von Platinen ein Beutel mit dem Aufdruck "S" aus und es braucht keine schwarzen Kisten?

 



11.05.2015 08:59
Re: ESD Verpackung außerhalb EPA
Hallo
gemäß Norm 61340-5-1 sollte die ESDS-Verpackung außerhalb einer ESD-Schutzzone statisch ableitend und abschirmend sein. Das erfüllt eine normgerechte Shieldingverpackung (Kennzeichnung S), die ergänzend zu der dissipativen Oberfläche eine Alubedampfung als Shield aufweist. Jedoch können Kundenanforderung abweichen und evtl eine schwarze C-Box erfordern.

Schöne Grüsse
vom ESD-Coach



18.05.2015 08:51
Re: ESD Verpackung außerhalb EPA
Hallo,

Bei uns in der Firma geht es aktuell um die Verpackungsauslegung für E Motoren.
Der Motor ist hermetisch abgeschirmt. Es besteht zur Platine nur über den Motorstecker die Möglichkeit, dass man mit den Fingern an den Steckeranschluss kommen kann.

 

Wir wollten jetzt Stopfen besorgen, welche einfach auf den Stecker aufgesteckt werden, um diesen zu schützen.

Die Frage ist, ob wir solch eine Maßnahme benötigen, da die verbaute Platine einen ESD Schutz integriert hat?

Für eine Antwort wäre ich Ihnen dankbar.

 

 

 


21.05.2015 08:36
Re: ESD Verpackung außerhalb EPA
Hallo Sebastian,

da gibt es sicherlich ESD-empfindlichere Baugruppen. Nachdem die Kontakte im Steckergehäuse verschwinden (wenn ich es richtig erkennen kann), eine integrierte ESD-Schutzschaltung vorhanden ist und es sich wahrscheinlich um ein Endgerät mit CE handelt (durchgeführter EMV/ESD-Stresstest)… würde ich auf den Stecker verzichten, falls es eine Kostenfrage ist.

Tipp: Verfolge die Ausfallraten und sobald ein Anzeichen auf ESD-Ausfall hindeutet, hättest du Verbesserungspotential mit der Steckerabdeckung. Und denke evtl . an die Monteure, die die Steckerabdeckung entfernen und die Verkabelung vornehmen.

Schöne Grüsse
vom ESD-Coach



26.05.2015 08:38
Re: ESD Verpackung außerhalb EPA
hallo,

ich danke Dir für deine Unterstützung :)

 

Aktuell sind 31 Gäste und keine Mitglieder online

Wir benutzen Cookies, um Ihnen eine Vielzahl von Services anzubieten, und um die Benutzerfreundlichkeit unserer Webseite stetig verbessern zu können. Mit der Nutzung der Webseite erklären Sie sich mit dem Einsatz von Cookies, gemäß unserer Cookie Policy, einverstanden. Datenschutzinformation.

  Ich akzeptiere Cookies von dieser Website.
EU Cookie Directive plugin by www.channeldigital.co.uk